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Hochwasserschutz- und Ökologieprojekt Hockenheim

Kunst und Wasser

Artwalk von der Ausstellung Christian Awe “O’ de vie” in der Stadthalle Hockenheim zum HÖP-Gelände am 3. August 2020

Christian Awe hat für Hockenheim das Wasser in den Vordergrund gestellt. Schon der Titel der Ausstellung lässt eine Beziehung zum Wasser erkennen: „O’ de vie“ ist ein Wortspiel frei aus dem Französischen: Eau de vie − Wasser des Lebens. Zugleich schlägt der Titel eine Brücke zu Christian Awes Serie der „Wasserbilder“. Die abstrakten Bilder vermitteln eine Stimmung, die über leuchtende Farben und die frei fließenden Formen tatsächlich all das wiedergibt, was auch das frei fließende Wasser so faszinierend macht: die unendliche Vielfalt einer sich frei entfaltenden Dynamik, das Flimmern des Lichts auf der Oberfläche, das Wechselspiel zwischen tiefer Dunkelheit und heller Durchsichtigkeit.

Die Bilder sind in einer Methodik des gelenkten Zufalls aus der Körperdynamik heraus gemalt. Damit sind sie auch Abbilder menschlicher Kreativität, die ja ebenfalls aus der ganzen Person herauswächst und sowohl mentale wie auch körperliche Komponenten zusammenführt. Ebenso ist es beim Fluss des Wassers: Hier drückt sich ein natürlicher Prozess in seiner Ganzheit aus, zu dem sehr viel mehr gehört als nur die Summe von Teilen.

Das Wasser ist das Element der geschlängelten Linie, der Tropfen und Spritzer, des Verlaufens und der Vermischungen. Gegenüber der geraden Linie, die ebenfalls in der Kunstgeschichte stilbildend war – etwa beim Bauhaus – ist die geschlängelte Linie eher mit dem Naturwüchsigen assoziierbar. Als „Line of Beauty an Grace“ (William Hogarth) hat sie seit dem 18. Jahrhundert bis in die Moderne hinein sogar Kunstgeschichte geschrieben. Die Technik des Spritzens, Fließenlassens und Schabens kennen wir aus dem abstrakten Expressionismus der Nachkriegszeit, etwa bei Sam Francis oder dem Action Painting.  Mit der klassischen Moderne und dem Konstruktivismus allerdings hat schon früh die gerade Linie das Feld erobert, in der Kunst wie in der Natur: Der berühmte Ingenieur Johann Gottfried Tulla war Anfang des 19. Jahrhunderts der Ansicht, der Kulturstatus eines Landes bemesse sich daran, ob es aus seinen Flüssen ordentliche Kanäle gemacht haben.

Und damit haben wir die Überleitung zum Kraichbach. Auch das war ein Betonkanal, wenn auch in Würde und Schönheit gealtert, und ist nun ein lebendiges Fließen, „eau de vie“ in all seiner Vielfalt und Kreativität. Dabei ist uns eine weitere Parallele mit der Kunst ein besonderes Anliegen: Wer den Workshop mit dem Künstler Christian Awe mitgemacht hat oder sich vielleicht nur vorstellt und hineinfühlt, wie solche Bilder entstehen können, wird etwas Wesentliche bemerken: eine gewisse meditative Grundhaltung ist hilfreich, ein Gehen- und Fließenlassen als mentale Dimension, Gelassenheit und Selbstvergessenheit; abrupte Eingriffe dagegen werden eher hinderlich sein. Und so ist es ganz wichtig, auch dem neuen Kraichbach mit seiner wunderschönen landschaftlichen Umgebung Respekt entgegenzubringen, dem Wasser und den pflanzlichen und tierischen Bewohnern und Anwohnern Raum zur Entfaltung zu lassen – und eben eher in Ruhe zu beobachten, was sich dort tut, als hineinzuspringen.

Deutlich ist gegenüber dem alten kanalförmigen Betonbett zu sehen, dass sich nun der Wasserlauf seine eigene geschlängelte Linie sucht. Dazu noch ein Blick auf ein altes, ein klassisches Bild vom Wasser: Peter Birmann Blick vom Isteiner Klotz auf den Rhein. Es zeigt den unbegradigten Rhein um 1819 mit seiner vielfältigen Auenlandschaft. Das Bild ist abzurufen im HÖP-Info-Portal unter: http://höp.info/wie-sieht-ein-natuerlicher-fluss-aus

Es soll hier beispielhaft darstellen, wie ein natürlicher Flusslauf aussehen kann. Mit dem Ökologieprojekt am Kraichbach hat man das Ziel, diese Vielfalt ebenfalls zu schaffen. Daher wurde mit Hilfsmitteln versucht, innerhalb einer kurzen Zeit quasi nachzuahmen, was die Natur sonst in Jahrzehnten oder Jahrhunderten bewirkt. Dabei ist man ähnlich vorgegangen wie die Gartengestalter vergangener Jahrhunderte. Denken Sie an den englischen Garten im Schwetzinger Schlosspark: Auch hier wurde versucht, ein bestimmtes landschaftliches Bild der Natur zu schaffen, im Unterschied zu den ausgezirkelten Rabatten des französischen Gartens. Das HÖP-Gelände wurde ebenfalls durchdacht, geplant und angelegt, das Leitbild hat sich aber zeitgemäß gewandelt: es ist nun ein ökologisches Naturverständnis, das sich in den zahlreichen Biotopstrukturen mit ihren unterschiedlichen Funktionen ausdrückt.

Die Aktion Bild des Monats zeigt, dass viele Menschen die Schönheit dieser Naturinsel in der Stadt zu schätzen wissen. Wir könnten uns auch vorstellen, dass vom Gelände inspirierte Kunstwerke, Bilder, Objekte ebenfalls den Weg zum Bild des Monats nehmen. Denn, wie diese Ausstellung in besonderem Maße zeigt: Kunst und Natur gehören zusammen.

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